„Wie wollen Sie das hier bei uns schaffen?“ Meine unendliche Reise

Servus! Ich bin Michael, Mitgründer von Speed Up, Buddy!, 29 Jahre alt und im Münchner Westen geboren sowie aufgewachsen. Die folgenden Zeilen sollen einen kleinen Einblick in mein bisheriges Leben geben und vielleicht den ein oder anderen zweifelnden Buddy auf seinem/ihrem weiteren Weg motivieren.

Kernaussage: Ihr könnt absolut ALLES (!) erreichen, wenn ihr dranbleibt.

Aktuell arbeite ich als Senior Manager in einem mit Freunden selbsthochgezogenen HR-Startup. Wir beraten insbesondere Consulting Häuser und Großkonzerne rund um selbstentwickelte Lösungen in den Bereichen Recruitment, Personalentwicklung, Zertifizierung von Aufsichtsräten sowie Learning Technology.

Aufgewachsen als Kind einer kleinen Münchner Metzgerfamilie (wie aufgewachsen), hat mich mein Weg einmal über den kompletten 2. deutschen Bildungsweg geführt (Mittlere Reife, Ausbildung, Wirtschaftsfachwirt, Betriebswirt, Bachelor, Master, PHD?) den ich über die Jahre um breite Erfahrungen in Großkonzernen, Unternehmensberatungen, Startups und somit Unternehmen jeglicher Größen (Kind, was machst du noch mal aktuell?) erweitern konnte. Ich bin mehrmals hingefallen und immer wieder aufgestanden. Jeder von uns hat das ein oder andere Kreuz zu tragen und eine Geschichte zu erzählen. Hier ist ein Bruchteil von meiner ganz persönlichen Reise:

Wie aufgewachsen

Alleinerziehende Mutter, fehlende Vaterfigur, Arbeiterfamilie. Für viele mit Sicherheit nicht die beste Ausgangslage. Für mich vor allem die frühen Erkenntnisse, dass es an mir selbst liegen wird, was ich mit meinem Leben anfange. Rückblickend hat mich wahrscheinlich die frühe Einbindung in einen Sportverein gerettet und vor allem für mein späteres Leben sozialisiert. Ich habe in meiner Jugend wahrscheinlich fast jede Amateursportart ausprobiert, die es im 2km Umkreis gab und bin insbesondere beim Vereinsfußball (über 20 Jahre) sowie Tennis (über 10 Jahre) hängen geblieben. Seit knapp 4 Jahren habe ich einen zweiten sportlichen Frühling im Kampfsport (Muay Thai) gefunden, für die UFC wird es aber voraussichtlich trotzdem nicht mehr reichen… 😉

Obwohl ich von Kinderbeinen an immer wieder im familiären Betrieb ausgeholfen habe, war für mich relativ schnell klar: „Aus mir wird kein Metzger!  Ich will gerne mal irgendwas mit Wirtschaft machen!“.

Die Reaktion darauf waren glücklicherweise immer verständnisvoll, aber auch vor allem durch eine wiederkehrende Aussage geprägt:

„Kannst scho machen, aber mei…. keine Ahnung. Ois Guade!“

(bitte in bayerischen Dialekt vorstellen)

Mittlere Reife, Ausbildung, Wirtschaftsfachwirt, Betriebswirt, Bachelor, Master, PHD?

…warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Ein Hoch auf den 2. Bildungsweg!

Nachdem ich auf den Wunsch meiner Mutter nach der Grundschule direkt auf ein Gymnasium geschickt wurde, kam mit dem Sitzenbleiben in der 6. Klasse (aufgrund meiner damals ausgeprägten Leidenschaft für Mathe und Latein) der erste und frühe „karrieretechnische“ Dämpfer. Hand aufs Herz, ich hatte zu dieser Zeit absolut alles im Kopf, außer Schule, Hausaufgaben und für Klausuren zu pauken. Die Mädchen auf dem Pausenhof aus der Parallelklasse waren zu dieser Zeit deutlich interessanter für mich. Nach der 7. Klasse ging es für mich folgerichtig auf eine wirtschaftliche Realschule, in der ich damals mit derselben Einstellung überraschenderweise die wunderbarsten Noten schrieb.

Der Switch mehr im Leben erreichen zu wollen und das ganze Thema ernster zu nehmen, kam für mich erst gegen Abschluss meiner Mittleren Reife. Ganz „Arbeiterkinder Like“ entschied ich mich mit 17 zunächst für eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei Siemens. Kleiner Funfact am Rande: Zum finalen Interview für meinen Ausbildungsplatz kam ich damals in einem geliehenen 2x zu großem Anzug sowie schwarzen Leder Haferlschuhe(!), die man ansonsten eher zu einer bayrischen Tracht trägt. Ich hatte keine regulären Anzugschuhe und das Geld zu Hause war von Haus aus eh immer knapp bemessen, sodass mit Sicherheit keine extra Schuhe für ein einzelnes Gespräch gekauft wurden. Geklappt hat es am Ende trotzdem und ich durchlief eine klassische Ausbildung mit Rotation durch verschiedenste Abteilungen eines Großkonzerns.

Im Nachgang eine Sache, die mir früh viele verschiedene Facetten der Wirtschaftswelt gezeigt hat, sowie mit zarten 20 Jahren meinen ersten anschließenden Vollzeitjob im globalen Vertrieb. Auch wenn es manche im Nachgang anders sehen, kam für mich eine Stelle als Azubi genau zur richtigen Zeit, um erwachsen zu werden, zu Hause auszuziehen, eigenes Geld zu verdienen und erste Verantwortung zu übernehmen. Da ich früh als Teenager angefangen hatte Cartoons und Comedy Serien im englischen Original mit Untertiteln zu schauen (Grüße an MTV und VIVA), war mein Englisch sattelfest genug, um einen internationalen Großkunden zu übernehmen und dessen Werksbetreuung in Ungarn, China und Brasilien zu verantworten. Im Nachgang eigentlich total abwegig mir Grünschnabel für die Hälfte des Gehalts denselben Job anzuvertrauen wie dem 50-jährigen Familienvater, der mir gegenübersaß. (LG an Jens sollte er jemals diese Zeilen lesen). Zum Zeitpunkt selbst für mich aber völlig normal und „jetzt halt der nächste logische Schritt“ nach einer Ausbildung. Nach 3 Jahren Erfahrung im globalen Vertrieb und zwei simultanen abendlichen Weiterbildungen an der IHK (Wirtschaftsfachwirt und Betriebswirt) folgte der nicht nachvollziehbare Super Gau für jede Arbeiterfamilie, der auch im weiteren Verlauf für viele Diskussion führen sollte:

Der Junior kündigt seinen sicheren Großkonzernjob, verkauft sein Auto, schmeißt sein kleines Apartment zur Zwischenmiete auf den Münchner Wohnungsmarkt und fliegt samt Rucksack für 6 Monate ans andere Ende der Welt. Komplett allein und auf eigene Faust. „Michi! Um Gottes Willen! Überleg es dir noch mal! So einen sicheren Job kriegst du nie wieder!“ Ihr ahnt wahrscheinlich schon was folgt. Fazit: die wahrscheinlich beste Entscheidung meines Lebens.

6 Monate nur mit einem Rucksack bewaffnet, ging es für mich quer durch den gesamten südamerikanischen Kontinent. Wenn es mir irgendwo gefiel, blieb ich länger, wenn ich genug hatte, nahm ich am nächsten Tag einfach den ersten Bus in eine neue Stadt. Bis heute mit Sicherheit die wertvollste, freieste und intensivste Zeit meines Lebens, von der ich bis zum heutigen Tage zehren kann.

Ich durfte unvergessliche Erfahrungen sammeln und unglaublich interessante Persönlichkeiten kennenlernen, die bis zum heutigen Tag meinen Freundeskreis quer über den Globus bereichern. Zusammenfassung: 11.000 km in 6 Monaten auf dem Landweg. Einmal gegen den Uhrzeigersinn durch alle Länder mit Start in Bogota, Kolumbien bis zum Endpunkt am Strand von Rio de Janeiro, Brasilien. Ich appelliere an alle Buddys/ Mentoren, die sich mit einer ähnlichen Reise beschäftigen oder diese lange aufgeschoben haben, dies unbedingt durchzuziehen, wenn die äußeren Gegebenheiten es wieder zulassen!

Eine unglaublich wertvolle und prägende Investition, die mir keiner jemals nehmen kann.

Back to Basics: Nach 6 Monaten Vagabunden Lifestyle und zurück in München, ging es für mich direkt in ein geplantes BWL Studium an der FOM, einer FH mit starkem Fokus auf Berufstätige und somit für mich perfekten flexiblen Zeitmodellen. Meine dortige Zeit ging durch vereinzelte Anrechnungsmöglichkeiten meiner vorherigen Berufserfahrung relativ zackig vorbei und der Wunsch meine akademische Laufbahn mit einem Master an einer „offiziellen“ deutschen Universität abzurunden, führte mich 2018 zu meiner bisherigen finalen Station in Ingolstadt. Im Auswahlgespräch für den Studiengang Entrepreneurship & Social Innovation an der WFI (Teil der KU Eichstätt-Ingolstadt) werde ich wohl nie den Satz einer Doktorandin vergessen, die mich (nachdem ich eine ihrer gewünschten Beispielrechnungen Ad-hoc nicht durchführen konnte) mit folgenden Worten abfertigte:

„Herr Jesswein, Sie kommen von einer berufsbegleitenden Fachhochschule. Wie wollen Sie denn allen Ernstes unserem akademischen Anspruch an einer richtigen Universität gerecht werden, wenn Sie das schon nicht können? Wie wollen Sie das hier bei uns jemals schaffen?“

Die Antwort darauf war Ende 2019 mit 1,4 ein im Fast Track durchgezogener Master of Science unter den Top 5% meines Jahrgangs sowie ein stets freundliches Lächeln meinerseits, wenn man sich auf dem Gang begegnete. Danke für das zusätzliche Feuer damals!

Where do we go from here? Aktuell beschäftige ich mich in ersten Zügen mit einer möglichen berufsbegleitenden Promotion im Bereich Entrepreneurship sowie nächsten potenziellen Karriereschritten. Bringt mich das weiter? Berechtigte Frage, die ich in der nächsten Zeit beantworten darf.

Ich glaube, über die Jahre hat sich irgendwann ein gewisses Donkey Kong Mindset bei mir eingeschlichen und somit der unbändige Wille, immer das nächste intellektuelle/ berufliche/ persönliche „Level“ zu erreichen. Wahrscheinlich, weil es für den 17-jährigen Michi für immer unerreichbar und Lichtjahre entfernt schien. Eine dementsprechende nebenberufliche Belastung ist für mich nach mittlerweile gefühlten 28x Abschlüssen auch mehr gewohnt als wirkliche Zusatzbelastung. Die statistischen Zahlen treiben mich (trotz verhauener Beispielrechnung *badumtz*) ebenfalls an.

Von 100 Kindern aus Arbeiterfamilien erreichen 8% einen Masterabschluss. Marginale 1% (!) schließen Ihre akademische Laufbahn mit einer Promotion ab.

Okay, Challenge accepted.

Kind, was machst du noch mal aktuell? 

Großkonzern, Unternehmensberatung, Startup. Mein bisheriger Weg hat mir die Möglichkeit beschert viele verschiedene Unternehmen zu sehen sowie ewige Verwirrung an jedem Feiertagsessen im Familienkreis. Nach meiner Ausbildung und Anstellung bei Siemens ist mein persönlicher Werdegang in den letzten Jahren insbesondere von zwei Bereichen geprägt gewesen. Der Welt der Unternehmensberatungen sowie dem gemeinschaftlichen Aufbau eines eigenen Startups. Mein Startup Weg begann vor ca. 5 Jahren, zu Beginn des Bachelorstudiums. Nachdem ich aus Südamerika mit vielen neuen Erfahrungen, aber ohne einen Cent in der Tasche zurück nach München kehrte, musste schnellstmöglich ein „Nebenjob“ her, um die Rechnungen in einer  „Gut&Günstig“ Stadt wie München zu bezahlen.

Relativ zufällig rief mich zu diesem Zeitpunkt ein alter Jugendfreund (mittlerweile auch bei uns an Bord) an, mit dem Hinweis, dass sein Cousin aktuell ein neues Unternehmen aufbaut und ob ich nicht Interesse hätte, auf Studentenbasis zu unterstützen. Gesagt, getan. Aus meinem „Hilfe ich muss irgendwie wieder Geld verdienen“ Einstieg wurde sehr schnell eine studiumsbegleitende Festanstellung, persönliche Mentorenschaft sowie über die Jahre ein gemeinsamer erfolgreicher/ bis zum heutigen Tage anhaltender Unternehmensaufbau.

Da unsere Kunden zum überwiegenden Großteil Unternehmensberatungen sind, wuchs in mir früh der Wunsch, auch hier noch einmal die andere Seite von innen kennenzulernen.

Während meines Masters ging es für mich daher nochmals gezielt zu Roland Berger, PricewaterhouseCoopers (PWC) sowie diversen kleineren Unternehmen im Zuge studentischer Startup-Beratungsprojekte auf Freelance Basis (z.B. BISA, einem superspannenden afrikanischen Healthcare Startup in Accra, Ghana).

Long Story Short: Die Mitgründung von SUP ist nach vielen Umwegen, Erfolgen und Rückschlägen, der für mich nächste logische Schritt meines Werdeganges. Oder noch deutlicher formuliert: Meines bisherigen Lebens.

Eine absolute Herzensangelegenheit.

Wir haben mit Speed Up, Buddy! eine gigantische Ausgangslage und ein Becken an super qualifizierten, facettenreichen und herzlichen Leuten, die etwas zum Positiven verändern möchten.

Ich bin stolz und dankbar für jede/n einzelne/n, die/der sich hier einbringt und freue mich in den nächsten Jahren zusammen mit euch einen kleinen Beitrag zu leisten, damit es zukünftige Generationen an Arbeiterkids – zukünftige Generationen an Kims, Leons, Seniks, Daniels, Yannics, Nicoles, Evas, Gereons, Annas und MJs – eines Tages einfacher haben.

Es besser haben!

„Wie wollen Sie denn allen Ernstes unserem akademischen Anspruch gerecht werden?“

„Wie wollen Sie das hier bei uns schaffen?“

Familiäre Barrieren existieren nur in unseren Köpfen.

Lasst euch von nichts und niemanden einreden, dass der Himmel eine Decke hat. Es liegt an uns selbst. Ihr könnt absolut ALLES (!) erreichen, wenn ihr dranbleibt!

Für immer wollen, für immer mehr wagen!

Packen wir es an! Zusammen!

Michael ist Senior Talent Manager bei vonFürstenberg HR und Erstakademiker. Er besitzt einen M.Sc. in Entrepreneurship von der WFI Ingolstadt und wohnt in München.