12 Dinge, die ich gerne mit 17 gewusst hätte

Sabrina Breunig
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Sabrina ist Studentin der Copenhagen Business School und Mitgründerin von Speed-Up Buddy. Sie studiert Betriebswirtschaftslehre mit einem Fokus auf Data Science Anwendungen und wohnt in Kopenhagen.

Bis zu meinem zweiten Semester in Mannheim war ich der Meinung, Kinder aus bildungsfernen Familien hätten nur zwei Nachteile:  Die Notwendigkeit der eigenständigen Finanzierung des Studiums und den fehlenden mentalen Rückhalt der Familie.

Die finanzielle Lage kann man selbst beeinflussen, deshalb begann ich bereits sehr früh neben der Schule mit diversen Nebenjobs. Ich war der Meinung, dass ich mit meinen Ersparnissen sehr gut für die universitäre Laufbahn gewappnet sei. Durch das finanzielle Polster war ich fest überzeugt, jetzt genauso gut aufgestellt zu sein wie alle anderen Erstsemester.

Im Hinblick auf die Wahl meines Studienfachs war ich zunächst ratlos, die Studienberatung empfahl mir auf Basis eines Interessenstests Wirtschaftswissenschaften

Lektion Nr. 1: Bereits während der Schulzeit oder zwischen Abitur und Studienstart bietet es sich an, ein Praktikum im anvisierten Bereich zu absolvieren, um zu sehen, wie gut er einem wirklich gefällt.

Nachdem dieses Fach also schnell bestimmt war und das Studium der Wirtschaftswissenschaften an einer Vielzahl von Studienorten angeboten wird, suchte ich mir den Standort aus, der mich persönlich am meisten ansprach – das schöne Konstanz am Bodensee.

Nach meinen ersten Monaten dort fragte mich schließlich eine Schulfreundin, warum ich eigentlich nicht in Mannheim studieren würde. Sie hatte von einem Kommilitonen gehört, dass es eine der besten Unis für BWL in Deutschland sei. Das war das erste Mal, dass ich von Uni Rankings gehört hatte.

Lektion Nr. 2: Es gibt für die meisten Studienfächer bestimmte Target Unis, deren Absolventen aufgrund diverser Faktoren besonders beliebt bei den Unternehmen sind.

Nach meinem ersten Semester stand die Wahl der Vertiefungsrichtung a. In Konstanz wurden vor allem Pädagogik Wahlfächer geboten, was überhaupt nicht meinen Vorstellungen entsprach. Dass man bei der Wahl der Universität auch die entsprechenden Spezialisierungen beachten sollte, war mir damals nicht bewusst.

Lektion Nr. 3: Wirtschaftswissenschaften sind nicht gleich Wirtschaftswissenschaften, BWL nicht gleich BWL. An unterschiedlichen Unis wird ein unterschiedlicher Fokus gesetzt.

Hinzu kam schließlich mein langjähriger Traum, für einige Monate in den USA zu leben. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat durch den American Dream schon seit ich denken kann eine wahnsinnige Faszination auf mich ausgeübt. In Konstanz ist ein Auslandssemester zwar prinzipiell möglich, aber mit erheblichem Aufwand, hohen Kosten und einem zusätzlichen Semester verbunden.

Lektion Nr. 4: An ausgewählten Unis sind verpflichtende Auslandssemester fest in den Lehrplan integriert und verlangen somit keine Verlängerung des Studiums. Jedem einzelnen Studenten wird ein Platz an einer Partneruniversität angeboten. Alle Kurse aus dem Auslandssemester werden anerkannt, der Bewerbungsprozess läuft über die Heimatuni, ist sehr unkompliziert und standardisiert. Vor allem diese Unis verfügen über eine sehr große Auswahl an Partnerunis. Wenn man an eine Partneruni geht, muss man außerdem keine Studiengebühren zahlen – gerade für Arbeiterkinder von äußerst hoher Relevanz.

 Nach diesen Erkenntnissen hatte ich schließlich die Entscheidung getroffen, mich in Mannheim zu bewerben. Im Internet las ich, dass man ein sehr gutes Abiturzeugnis für eine Zulassung dort benötigt. Ich hatte mich in der Schule angestrengt, aber keine 100% gegeben – richtig gute Noten braucht man doch nur fürs Medizinstudium, oder?

Lektion Nr. 5: Besonders angesehene und beliebte Unis haben für eine Vielzahl von Studiengängen einen hohen NC, wie auch BWL in Mannheim. Zudem können bestimmte Sprachnachweise, Mathekenntnisse und Praxiserfahrung für die Unibewerbung verlangt werden.

Glücklicherweise erfüllte ich dennoch alle Zulassungskriterien und wechselte nach meinem ersten Jahr in Konstanz an die Universität Mannheim. Vor meinem Start in Mannheim bewarb ich mich noch erfolgreich auf ein Stipendium. Ich hatte hierfür die Stiftung gewählt, von der ein guter Freund von mir ebenfalls gefördert wurde.

Erst in den kommenden Semestern merkte ich, dass das dort gebotene Netzwerk und die Seminare nicht meinen Interessen entsprachen.

Lektion Nr. 6: Stipendium ist nicht gleich Stipendium. Während die finanzielle Förderung oft ähnlich ausfällt, weisen die ideellen Angebote tiefgreifende Unterschiede auf. Hier lohnt es sich ebenfalls, genau hinzusehen und die Stiftung zu wählen, deren Angebot die passendste Unterstützung bietet.  

Da ich mir einige Kurse bereits anrechnen konnte, hatte ich dort weniger Kurse, als normal im ersten Semester vorgesehen waren. Damals wusste ich nicht, dass ich meinen Studienplan selbst innerhalb eines gewissen Rahmens beeinflussen konnte. Ich hätte Kurse aus den höheren Semestern vorziehen können, um im späteren Studienverlauf eine geringere Belastung zu haben.

Lektion Nr. 7: Auch wenn die Stundenpläne recht standardisiert vorgegeben sind, besteht zumeist eine Gestaltungsfreiheit. Es lohnt sich also ein Blick auf mögliche Anpassungen des Standardplans, um Klausuren gut in die Praktika- und Auslandsplanung zu integrieren.

Die zusätzliche freie Zeit während meines ersten Semesters in Mannheim nutzte ich stattdessen, um in einem Modegeschäft zu jobben.

Lektion Nr. 8: Statt einem klassischen Nebenjob wie Kellnern nachzugehen, lohnt es sich, bereits früh nach einem Werkstudentenjob in einem einschlägigen Bereich zu suchen. So hat man nicht nur Chancen auf einen höheren Stundenlohn, sondern lernt relevante Fähigkeiten, die den eigenen Lebenslauf aufwerten.

Während meines ersten Semesters nahm ich außerdem an einem Workshop von PwC, einer Wirtschaftsprüfung, teil. Im Anschluss daran wurde mir ein Audit Praktikum für die Semesterferien angeboten. Ich lehnte das Angebot jedoch ab, da mich Audit nicht interessierte und absolvierte stattdessen einen Ferienjob im Büro.

Lektion Nr. 9: Gerade am Anfang des Studiums macht es Sinn, so schnell wie möglich Praxiserfahrung zu sammeln. Gerade bei fehlendem Vitamin B muss man meistens zunächst ein Praktikum absolvieren, was nicht direkt im persönlichen Interessensgebiet liegt. Nur durch erste einschlägige Erfahrung hat man dann die Chance, wirklich relevante Praktika zu bekommen.

 Ich war außerdem der Meinung, dass ich im Ferienjob viel besser verdienen würde als im Praktikum. Viele meiner Freunde studierten Biologie oder Lehramt und erhielten hierfür meistens kein Gehalt. Eine zusätzliche Einkommensquelle war für mein Auslandssemester jedoch von hoher Relevanz.

Lektion Nr. 10: Gerade in BWL kann man in Praktika auch sehr gut verdienen, und gleichzeitig was für den Lebenslauf tun – also wäre in diesem Fall auf jeden Fall vorzuziehen gewesen.

 In meinem zweiten Semester trat ich der studentischen Unternehmensberatung der Universität Mannheim bei, wodurch meine weitere Laufbahn einschlägig geprägt wurde. Ich erhielt ein ausgiebiges Training für diverse Soft- und Hard Skills und verstand endlich, was für eine erfolgreiche Karriere in der Wirtschaft notwendig ist. Ich bekam Bewerbungstipps hinsichtlich meiner Unterlagen und der Unternehmenswahl. Es entwickelte sich allmählich ein Verständnis, wie ich aktiv meinen Lebenslauf gestalte, um später bei meinem Traumarbeitgeber zu arbeiten. Ich baute mir ein Netzwerk aus ambitionierten Persönlichkeiten auf, von dem ich bis heute noch profitiere.

Lektion Nr. 11: Ein gutes Netzwerk ist die halbe Miete. Hier erhältst du alle Tipps und Ratschläge, die dir in deinem familiären Umfeld nie gegeben wurden.

Lektion Nr. 12: Auch eine Target Uni, wie die Universität Mannheim, Auslandssemester und gute Noten allein reichen nicht, wenn man kein außeruniversitäres Engagement und keine Praxiserfahrung gesammelt hat. Target Unis zeichnen sich vor allem auch dadurch aus, dass die Studenten dort oft über eine sehr große Motivation verfügen, sich auch neben der reinen Lehre stark aufzustellen.

 Das waren die zwölf größten Lektionen, die ich während meines Bachelors gelernt habe. Und damit kommen wir auch zur letzten: Die Notwendigkeit der eigenständigen Finanzierung des Studiums und der fehlende mentale Rückhalt der Familie sind bei weitem nicht die einzigen Nachteile von Kindern aus bildungsfernen Familien. Im Herbst 2020 beginnt für mich mein Master Studium in Kopenhagen – ich bin schon sehr gespannt, um welche Punkte sich diese Liste in den nächsten zwei Jahren erweitern wird.

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