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Simon hat eine Lehre als Sportartikelverkäufer gemacht. Heute ist er Audit Partner bei KPMG und leitet den Regionalmarkt Bern. Dazwischen liegt ein spannender Weg über kaufmännische Berufsmatura und ein Studium an der Fachhochschule Bern.
Was dachtest du in der Schulzeit von dir selbst? Was waren damals deine Berufsaussichten?
Der Schule konnte ich als Kind nie viel abgewinnen. Die Aussicht auf weitere Schuljahre am Gymnasium oder gar auf der Universität, wie das für andere vorgezeichnet schien, ließ mich erschaudern.
Ich war ein mittelmäßiger Schüler, wohl auch mit Potenzial, aber oft gelangweilt. Während meiner Schulzeit wurde ich regelmäßig zur Schelte ins Lehrerzimmer zitiert.
Am liebsten wäre ich Eishockeyspieler geworden. Dafür hatte ich aber schlicht kein Talent – und so näherte ich mich beruflich mit einer Lehre als Sportartikelverkäufer meiner Leidenschaft.
Dass ich gleich nach Schulabschluss keine Lehrstelle fand, sollte ein Glücksfall werden. Ich machte auf Empfehlung meiner Mutter ein „Welschlandjahr“. Das heißt, ein Jahr in einer Schule in der französischsprachigen Schweiz. Das Jahr kostete Überwindung, war doch Französisch eines der Fächer, die ich am wenigsten mochte. Ich hatte bis dahin keinen Bezug zur Sprache.
Während meines Schuljahres in der französischsprachigen Schweiz spielte ich auch im lokalen Eishockeyverein – ein Schlüsselmoment. Abseits von der fast sterilen Umgebung der Klassenräume lernte ich in dem Verein nicht nur die Sprache, wie sie wirklich gesprochen wurde, sondern auch das kulturelle Element dazu. Ich merkte, Fremdsprachen zu lernen kann auch Spaß machen.
Während meiner Lehre als Sportartikelverkäufer, wenn die Kunden jeweils zufrieden oder gar begeistert den Laden verließen, realisierte ich, dass mir der Umgang mit den Menschen besser liegt als jener mit dem Hockeystock. Und zugegeben, als Jahrgangsbester an der Diplomfeier in Shorts und Hawaiihemd auf der Bühne zu stehen war auch ein tolles Gefühl.
Es folgte ein spannendes Jahr mit einem mehrmonatigen Aufenthalt in Kanada – alleine, per hitch-hiking und für Kost und Logie arbeitend – und mit Militärdienst, wo ich mich zum Lastwagenfahrer ausbilden lassen konnte.
Hier wiederholte sich das Muster des Zugangs zur Sprache. Die Basis für mein fließendes Englisch legte ich nicht in der Schule sondern im Spielzimmer eines Hotels im Columbia Valley, in dem ich als Küchenhilfe, Putzkraft oder Landschaftsgärtner arbeitete. Dort spielte ich nach Feierabend jeweils Schach mit Jason, einem jungen Kanadier der auch da arbeitete, und wir unterhielten uns über die Unterschiede zwischen Europa und Nordamerika – und natürlich über Eishockey.
Wann und wieso hast du entschieden zu maturieren und zu studieren?
Ich plante also eine Karriere im Detailhandel, war dann aber enttäuscht, als ich erfuhr, dass ich eine Berufsprüfung erst nach drei Jahren in Angriff nehmen konnte. So entschied ich mich primär aus Langeweile dazu, berufsbegleitend die kaufmännische Berufsmatura zu machen.
Da kam ich dann zum ersten Mal mit der BWL und sogar etwas VWL in Kontakt – der Funke sprang sofort. Die Themen faszinierten mich und ich beschloss, ein Fachhochschulstudium anzuhängen.
Mein Arbeitgeber, das mittelständische Sportgeschäft in dem ich die Lehre machte und das neben den fünf Filialen auch noch ein Reisebüro und zwei Cafés betrieb, ermöglichte mir mit einer Teilzeitstelle als „Sekretär des Verwaltungsrates“ das Studium berufsbegleitend zu absolvieren.
Einerseits war diese Möglichkeit eine finanzielle Erleichterung, weil ich nicht mehr bei den Eltern wohnte. Andererseits bereitete es mir vier enorm spannende Jahre, in denen ich die Herausforderungen eines Unternehmens von verschiedensten Seiten sehen konnte.
Mit dem Curriculum der Fachhochschule wuchs auch mein Tätigkeitsgebiet und ich bearbeitete operative Themen von Marketing über Finanzen bis zu HR und Ressourcenplanung, aber auch strategische Projekte wie Erschließung neuer Absatzkanäle oder die Neugestaltung / Umbau von Filialen.
An der FH zeigte sich mein Talent und vor allem auch die Freude am finanziellen Rechnungswesen. Kundenkontakt und Accounting – daraus war ein Einstieg in die Wirtschaftsprüfung die logische Folge.
Wer hat an dich geglaubt? Was hat dich motiviert deinen Weg zu gehen?
Ich war immer schon neugierig und lernen macht mir nach wie vor Spaß. Ein Studium hielt ich jedoch für ausgeschlossen. Meine Eltern hatten eine Berufslehre und beide im Beruf gearbeitet. Meine Großväter waren beide selbständig mit eigenem Ladengeschäft – der eine als Fotograf, der andere als Käser.
Wir waren „Praktiker, keine Theoretiker“. Als ich zu Beginn der Berufsmaturitätsschule lernte, dass ich danach an eine FH studieren gehen könne, winkte ich ab.
Studieren sei nichts für mich. Rückblickend muss ich sagen, ich konnte mir darunter einfach auch nichts vorstellen.
Ich wollte mich mit den Themen befassen, die mich interessieren. Ökonomie faszinierte mich von Beginn weg – und tut es auch heute noch. Als ich realisierte, dass mir ein Studium tiefere Einblicke in die Ökonomie ermöglicht, meldete ich mich schließlich doch für ein Studium an der FH an. Damals war ich 22 und wenn ich heute zurückblicke kann ich sagen – absolut richtige Entscheidung.
Nach Abschluss der FH machte ich einen beruflichen Neustart, als ich bei KPMG in die Wirtschaftsprüfung einstieg und nach Zürich zog. Ich wusste da schon, dass ich für längere Zeit im Ausland leben möchte.
Zwei Jahre nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung zum dipl. Wirtschaftsprüfer ging ich dann auf ein Secondment, also eine vorübergehende Auslandsentsendung, nach Neuseeland – zu KPMG in Auckland. Zusammen mit meiner Frau und unserem damals einjährigen Sohn verbrachte ich in Auckland zwei extrem bereichernde Jahre voll an unbezahlbaren Erfahrungen und Erlebnissen, privat wie beruflich.
Zu viert – unsere Tochter kam in Auckland auf die Welt – kehrten wir dann in die Schweiz, nach Bern zurück. Das Secondment gab meiner Karriere noch zusätzlichen Schwung und so kann ich heute auf fünf sehr erfolgreiche Jahre bei KPMG in Bern blicken, wo ich mittlerweile als Partner die Abteilung Wirtschaftsprüfung und als Leiter Regionalmarkt den Standort führe.
Welche Ratschläge würdest du Deinem 22-jährigem Ich geben? Was möchtest du als Mentor bewirken?
Ich hatte und habe auf meinem Weg viele Mentorinnen und Mentoren – Menschen, die an mich glauben, die mir aber auch offenes, konstruktiv-kritisches Feedback geben und mit ihren Ideen und Ansichten meinen Horizont erweitern.
Ich bin glücklich darüber, dass ich bei meiner Arbeit viele junge Menschen auf ihrem Weg fördern und fordern kann. Ich würde deshalb gerne auch junge Menschen, die wie ich damals, keine Vorstellung davon haben, was alles möglich ist, unterstützen.
Als Mentor möchte ich einerseits ein Beispiel dafür sein, was alles möglich ist und, dass spannende Wege meist nicht bei bester Sicht schnurgerade und flach sind.
Andererseits werde ich inspirierende Inputs geben können, denen andere nicht im Alltag begegnen: Worum es bei der Entscheidung geht, was man arbeiten oder ob man studieren will. Oder weshalb man sich vielleicht besser nicht eine „Stelle“ sucht, sondern Wege findet wie man für andere Menschen Probleme löst und so Wert schafft. Neugier, Interesse und Leidenschaft an und für die Welt und die Menschen darin entfachen.
Als Mentor von Speed Up, Buddy wird Simon junge Menschen dabei unterstützen, ihr Potenzial auszuschöpfen. Melde dich als Mentee an, um von Mentoren wie Simon auf deinem Bildungsweg unterstützt zu werden.
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