Was Mentoring mit Chancengleichheit zu tun hat

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Mein bisheriger Werdegang ist in der Rückschau eher unregelmäßig. 

Eigentlich habe ich immer das gemacht, wonach mir der Sinn stand. Das Abitur habe ich im ersten Anlauf nicht geschafft. Daraus wurde dann eben der Realschulabschluss. Computernetzwerke fand ich  spannend, warum nicht eine Ausbildung machen? 

In dem Alter machte ich mir keine groß Gedanken um meinen Lebenslauf. Karriereweg war ein Fremdwort für mich. Der Sinn hinter theoretischem Lernen hat sich mir zu der Zeit nicht erschlossen und ohne Abitur kam ein Studium sowieso nicht in Frage. Lieber was praktisches, irgendwie was mit Computern und Internet. Ausbildung zum Fachinformatiker Systemintegration in einer IT-Security Firma? Klar das nehme ich, wo darf ich unterschreiben?

Damals erschien mir mein Werdegang ziemlich regelmäßig. Ich wurde hier und da mal abgelehnt, aber die Gründe haben mich nicht groß interessiert.. Für meine Ausbildung habe ich auch über 15 Bewerbungen geschrieben. Ist halt Glück – dachte ich – bis ich von einem erfahreneren Freund mal wohlwollend auf eine Jobanzeige hingewiesen wurde: „Das würde mal einen roten Faden in deinen Lebenslauf bringen“.

Es war das erste Mal, dass es mir wie Schuppen von den Augen viel, dass ich für meinen Lebensweg selber Entscheidungen treffen muss, die anscheinend in einen Rahmen passen müssen – und diese Entscheidungen fallen durch den richtigen Informationsfluss viel einfacher.

Also zwang ich mich nach der Ausbildung noch durch einen dreijährigen Abendkurs, um mein Abitur nachzuholen. Neben meinem Vollzeitjob natürlich. Anschließend folgte die Entscheidung für ein Studium in München. Erstmal garnicht so einfach für einen Jungen, der den Kohlenpott im Herzen trägt. Doch das ist auch der Anfang für meine persönliche Geschichte mit Speed Up Buddy.

Bis hierhin war für mich nicht immer alles reibungslos. Ich hatte viel Eigeninitiative, Arbeit und Glück Auch das größte Fußballtalent kann im Dorfclub versauern, wenn es nicht diszipliniert arbeitet und Glück hat, entdeckt zu werden. 

Für das richtige Training und um entdeckt zu werden braucht es Unterstützer*innen. Wie zum Beispiel die Mentorinnen und Mentoren von Speed Up Buddy. Das sind Menschen, die nach ihrem Job, der meiner Meinung nach eigentlich schon eine Person alleine komplett ausfüllt, sich noch hinsetzen, um Erstakademikern wie mir zu helfen. Sie teilen ihr Wissen, sie organisieren Events oder haben einfach ein offenes Ohr, falls man in der Uni nicht weiterkommt.

Mir geht es als Mentee nicht um das große Jobangebot oder den ultimativen Karrieretipp. In erster Linie geht es mir darum etwas zu erfahren, das an anderer Stelle fehlt. Sei es Wissen, das Eltern nicht haben oder teilen können, weil sie selber nicht studieren konnten oder Rat, den Freunde nicht geben können, weil sie mittlerweile in einer ganz anderen Lebensrealität ihren Job angesiedelt haben. 

Von dem was ich bisher gesehen habe, geht es darum, Chancengleichheit zu fördern, denn diese versteckt sich leider immer noch in den kleinen Feinheiten unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens.

In diesem Zusammenhang fällt mir immer wieder ein Zitat aus einer Soziologie Vorlesung ein:

„Da das System nicht explizit liefert, was es verlangt, verlangt es implizit, dass seine Schüler bereits beherrschen, was es nicht liefert: eine Sprache und Kultur, die außerhalb der Schule durch unmerkliche Familiarisierung gleichzeitig mit der entscheidenden Einstellung zur Sprache und Kultur ausschließlich auf diese Weise erworben werden kann …“

Das Zitat ist von Bourdieu und spiegelt meiner Meinung nach sehr gut unser Dilemma mit der Chancengleichheit wider. Die Chancengleichheit versteckt sich eben nicht nur hinter dem offensichtlichen Materiellen wie Geld, Güter oder Noten – natürlich auch – aber für mich vor allem auch hinter dem Nichtquantifizierbaren. Wenn ich es als Fußballtalent nicht in die erste Bundesliga schaffe, dann spiele ich weiter mit Spaß und vollem Einsatz in meinem Dorfverein und erzähle später, wen ich alles so ausgetrickst habe. Ein Luxusproblem also. Doch wenn ich es als Arbeiterkind nicht zu einem Studienplatz geschweige, denn zu einem Studienabschluss schaffe, weil mir der Habitus fremd ist oder ich mir mit meinen Mitbewohnern die 30mbit Leitung in der Wohneinheit teilen muss, dann ist das kein Luxusproblem. 

Natürlich spielen hier strukturelle Probleme eine Rolle, die so groß sind, dass auch Speed Up Buddy sie kaum alleine lösen kann. Doch es hilft, sich auf eine unterstützende Gemeinschaft verlassen zu können, die Chancenungleichheit ein Stück weit auffängt.

Deshalb danke ich den Mentoren, darunter Stefan, oder dem Team, darunter Senik, die mir in ihrer Freizeit helfen und ihr Wissen und ihre Aufmerksamkeit zur Verfügung stellen. Und das Ganze kostenlos und ohne Einstiegshürde. Danke!

Yannic ist Erstakademiker und nimmt am Mentoring über Speed Up, Buddy teil. Dadurch hat er einen persönlichen Mentor, sowie Zugang zu einer unterstützenden Community. Melde dich als Buddy an, um von Speed Up, Buddy! auf deinem Bildungsweg unterstützt zu werden.

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